Haushaltsrede der SPD-JGB-Fraktion vom 16. Dezember 2021
Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin, werte Kolleginnen und Kollegen des Stadtrats, sehr geehrte Damen und Herren,
bevor ich einige Ausführungen zum Haushalt 2022 vornehme, möchte ich mich erst einmal bei der Verwaltung und hier insbesondere der Kämmerei sowie ihrem Fachbereichsleiter, Herrn Wenzel, aber auch seinem Stellvertreter Herrn Sommer – den wir ebenso schätzen, für die vorbildliche Arbeit recht herzlich bedanken. Hier stelle ich im Namen der SPD-JGB-Fraktion fest, dass ein hervorragend aufgeschlüsselter Haushalt durch Sie sowie Ihre Kolleginnen und Kollegen aufgestellt wurde, der für uns vielfältige, zusätzliche Informationen enthält. Diese Ausgestaltung war bei der immensen Arbeitsdichte sicherlich nicht immer leicht und verdient unsere Anerkennung.
Doch gestatten Sie mir eingangs einige Bemerkungen zur aktuellen Situation:
Wir haben in Treuchtlingen eine tatkräftige Verwaltung, gute Mitarbeiter bei den Stadt-werken, beim Bauhof, in der Altmühltherme sowie im Bereich der Kindergärten und Kinder-krippen, nicht zu vergessen auch im Bereich Tourismus, Naturparkinformationszentrum und des Museums.
Alle Abteilungen und Betriebe haben nun im 2. Jahr der Corona-Pandemie unter schwierigen Verhältnissen gearbeitet und – wie die gesamte Bevölkerung – vieles zusätzlich organisieren und bewältigen müssen. Das auferlegte Social Distancing stellte sowohl in der Dienstleistung für die Bürger als auch in der Zusammenarbeit mit dem Stadtrat eine große Herausforderung dar. Der Zugang zum Rathaus war erschwert, der Betrieb der Schulen, Kitas, Musikschule, Bibliothek und des Museums eingeschränkt, Mitarbeiter haben eine Vielzahl von Veranstaltungen geplant, nur um sie dann eventuell wieder ab-sagen zu müssen. Das war zermürbend und demotivierend. Zudem haben neue Formen der Kommunikation Einzug gehalten. Die technische Umsetzung und die Einarbeitung stellten zusätzliche Herausforderungen dar.
Die SPD-JGB-Fraktion dankt deshalb allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihre vorbildliche Arbeit zum Wohle unserer Gesamtgemeinde – gerade unter den erschwer-enden Bedingungen der Pandemie.
Nun zum Haushalt 2022:
Nach wie vor schrillen die Alarmsignale in unseren Köpfen, Herr Wenzel, wenn Sie uns alljährlich über den wachsenden Schuldenstand unserer Gesamtgemeinde unterrichten! Ein möglicher Schuldenstand mit den Eigenbetrieben bis 2025 von 112 Mio. € droht am Horizont. Noch haben wir es aber auch alljährlich geschafft, das Notwendige anzupacken, aber die Planzahlen des Haushalts dennoch nicht vollständig auszuschöpfen (oder wohl besser gesagt: zu strapazieren).
Aber: Was ist das Notwendige? Darüber gibt es natürlich im Stadtrat immer wieder unter-schiedliche Meinungen. Positiv zu vermerken war bisher, dass der Stadtrat sich einig war, keine finanziellen Risiken einzugehen. Die SPD-JGB-Fraktion hat aber zunehmend die Befürchtung, dass eine gewisse Risikobereitschaft dabei eingekehrt ist, wie die vermeintlich notwendigen Dinge kreativ zu finanzieren sind.
Unstreitig notwendig ist, die dauernde Leistungsfähigkeit der Stadt zu erhalten und einen möglichst ausgeglichenen Haushalt aufzustellen. Dies gelingt neben der Nutzung von viel-fältigen Zuschüssen und Förderprogrammen durch die Aufnahme von Darlehen. Nach wie vor profitieren wir von einem niedrigen Zinsniveau.
Für die umfangreichen Projekte aus unseren Pflichtaufgaben, welche der Stadtrat teil-weise schon lange vor Corona auf den Weg gebracht hat, galt bisher immer, die finanziellen Mittel so nachhaltig wie möglich einzusetzen. Dies betrifft die Schaffung von Kinder-betreuungsplätzen, der Sanierung unserer Schulhäuser, auch der Schaffung von Mittags-betreuungsplätzen, unserem Anteil an der Senefelder Schule samt dazugehöriger Sport-halle. Dazu gehören vielfältige Infrastrukturprojekte, im Bereich des Straßen-, Kanal- und Leitungsbaus sowie dem Aufbau der digitalen Infrastruktur. Nicht zu vergessen die Feuerwehrhäuser – in Gundelsheim und Treuchtlingen.
Das hieß bisher im Bausektor, nicht nur kostengünstigste (Teil-)Lösung zu finden, sondern tragfähige, qualitativ einwandfreie Bauausführungen zu erhalten, die die Folgekosten minimieren und zukünftige Preissteigerungen vermeiden. Aus unserer Sicht hat sich dieses Handeln leider zum Schlechteren verändert – gerade was die Ausführungen im Straßenausbau anbelangt. Man verliert sich in Diskussionen über Einsparmöglichkeiten, schiebt Projekte nach hinten, begnügt sich mit Teillösungen und nimmt damit billigend in Kauf, dass man schlussendlich mehr als weniger dafür zahlen muss. Der Übungsturm des neuen Feuerwehrhauses der Stützpunktwehr ist so ein Beispiel.
Immer wurden städtische Immobilien – gerade von der CSU-Fraktion – als wertvoller Besitz angesehen, werden nun aber nicht als solcher behandelt. Was ist z.B. mit dem Schwesternwohnheim? Eine Sanierung steht seit Jahren aus. Vorgenommene und geplante Reparaturen erweisen sich als Stückwerk, sind auf Dauer allein nicht nachhaltig. Weder die Sanierung, noch ein möglicher Verkauf werden unseres Erachtens vehement genug verfolgt. Andere Wohnbauprojekte ebenso wenig, z.B. im Sozialen Wohnungsbau – weder unter städtischer Ägide noch zusammen mit der Wohnungsbaugenossenschaft. Stattdessen treten wir höflich zurück und schauen zu wie unsere Nachbarkommune ein Wohnungsbauprojekt nach dem anderen realisiert.
In vielerlei Hinsicht unternehmen wir Anstrengungen, die Lebensqualität für unsere Bürgerinnen und Bürger – gerade auch der jüngeren Generationen – zu steigern. Jedoch versäumen wir es auch den bezahlbaren Wohnraum zum schaffen, der sie in unserer Gemeinde hält! Ich erinnere, dass in der Vergangenheit der Verkauf des Schwesternwohnheims verhindert wurde und es dadurch nicht möglich war, Sozialen Wohnungsbau in der Gstadter Straße gegenzufinanzieren!
Neben der nachhaltigen Bewirtschaftung unserer Mittel, war es immer auch wichtig, die Kosten der einzelnen Maßnahmen leicht nachvollziehbar im Haushalt darzustellen. Dies ist nun nicht mehr gänzlich so, weshalb ich vorhin von Risikobereitschaft gesprochen habe – nämlich dem Risiko, die Kosten aus den Augen zu verlieren. Die Finanzierung der Sanierung unseres Freibades stellt für uns so ein Risiko, ein finanzielles Experiment dar, da wir deren Abwicklung, die Geschäftsbesorgung, an BayernGrund ausgelagert haben. Im Investitionsplan (S. 30) der Stadtwerke sind zwar 2023 3,1 Mio. € eingestellt, die allgemein als Investitionen bezeichnet werden. Das konkrete Projekt selbst ist jedoch nicht erkennbar. Zudem sind wir flexibel darin ab 2023, die von BayernGrund vorgestreckten Summen zurückzuzahlen – sofern es eben unsere Kassenlage erlaubt. Transparenz sieht anders aus!
Natürlich erachten wir die Maßnahme im Freibad nach wie vor noch als notwendig für die Infrastruktur unserer Stadt und den damit einhergehenden Nutzen für den Tourismus, aber vor allem für die Lebensqualität unserer Bevölkerung. In Anbetracht des Zeitdrucks und mangelnder personeller Kapazitäten haben auch wir uns dem Experiment einer Finanzierung durch BayernGrund nicht verschlossen. Klar ist aber auch, dass die Freibadsanierung durch diese Art der Finanzierung nun – gelinde gesagt – Neuland ist, wo man nicht gänzlich weiß, was auf uns zukommt.
In unserer finanziellen Situation können wir uns intransparente Projekte – gerade in den Stadtwerken – jedoch nicht beliebig leisten.
Leider fällt in diese Kategorie auch die Gründung der Neuen Energien Treuchtlingen. Die Bewerbung für ein Förderprogramm des Bundes hat nicht gegriffen. Wird nun ein Programm des Freistaats die gewünschte Initialzündung bringen? Zweifelsohne ist das Zukunftsthema "Energiewende" wichtig für die Bevölkerung weit über Treuchtlingen hinaus. Sind wir aber die richtige Instanz, um das Thema Wasserstoff – wie es uns anfänglich verkauft wurde – zu beackern? Die Rückmeldung auf die Förderantragstellung hat die Antwort gebracht: Nein, dafür muss man in größerem Rahmen interkommunal agieren. In der Dezember-Ausgabe der "WiM – Wirtschaft in Mittelfranken", einem Magazin der IHK wird aktuell dargestellt, was sich bezüglich Wasserstoff in der Metropolregion tut. Auch wir gehören dazu. Warum also nicht dort unser Heil suchen? Aber zurück zu den Neuen Energien selbst: Es fließen keine Fördergelder. Was wird uns also die Gründung der Gesellschaft kosten? Was wird sie uns bringen? Hoffentlich verzetteln wir uns nicht als zu kleiner Player im Bezug auf die Wasserstoffthematik!
Wir selbst stellen uns immer noch kritisch die Frage, ob es richtig war, der Goldgräberstimmung in Bezug auf Wasserstoff hinterherzulaufen, der offensichtlich nicht dazu taugt, unsere Netzeinspeisungsproblematik im Bezug auf regenerative Erzeugungs-anlagen, zu lösen. Wahrscheinlich wäre es doch besser gewesen, gleich einen anderen Weg einzuschlagen. Es gibt scheinbar doch andere, überraschend pragmatische Wege den Bau eines Umspannwerks zumindest hinauszuschieben. Die Errichtung eines Umspannwerks oder einer entsprechenden Batteriespeicheranlage wird dennoch nicht zu vermeiden sein, wie man auf S. 5 im Wirtschaftsplan der Stadtwerke nachlesen kann.
Da wir zu den Maßnahmen stehen, die im Haushalt abgebildet sind, stimmt die SPD-JGB-Fraktion, trotz der sichtbar finanziell angespannten Lage, dem Haushalt 2022 zu. Wir bleiben jedoch kritisch in der Auseinandersetzung damit und werden verstärkt darauf achten, dass man sich zukünftig nicht an einer Vielzahl angefangener, aber nicht nachdrücklich genug nachverfolgter Projekte verzettelt.
Ebenso wie dem Gesamthaushalt stimmen wir dem vorgelegten Stellenplan zu – und darüber hinaus auch ausdrücklich der neu geschaffenen Stelle in den Stadtwerken, die noch nicht abgebildet ist. Wir tragen damit der Kritik unseres Wirtschaftsprüfers Rechnung und stellen die Stadtwerke dadurch schlagkräftiger auf. Wir bedanken uns dafür, dass im Stellenplan auch weiterhin ein hohes Augenmerk auf die Schaffung von Ausbildungsplätzen gelegt wird. Gute Auszubildende und damit gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung werden vor dem Hintergrund, der nicht nur demographisch bedingten Fluktuation, immer wichtiger. Wir müssen selbst eine Basis schaffen, da es immer schwieriger werden wird, gut ausgebildete Fachkräfte auf dem freien Arbeitsmarkt für unsere Stadt zu begeistern.
Lieber Herrn Wenzel, im Namen der SPD-JGB-Fraktion möchte ich mich ganz besonders für Ihre hervorragende für unsere Stadt geleistete Arbeit bedanken. Aber auch für Ihren immer freundlichen und respektvollen Umgang mit den Vertretern der Politik. Die SPD-JGB-Fraktion bedauert ausdrücklich, dass Sie die Stadt Treuchtlingen verlassen werden! Wir wünschen Ihnen in Ihrem neuen Wirkungskreis alles Gute.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit
Kerstin Zischler
(Fraktionsvorsitzende der SPD-JGB-Stadtratsfraktion)
Es gilt das gesprochene Wort.